Kaum zu glauben: Fast jeder fünfte Dollar, der in den USA im Umlauf ist, entstand im Jahr 2020. Mit viel frischem Geld, niedrigen Leitzinsen und großen Hilfspaketen haben viele Nationen weltweit ihre Volkswirtschaften schon in der Finanzkrise vor einem Jahrzehnt gestützt. In der Corona-Pandemie hat sich dieser Effekt nun noch einmal verstärkt. Statt von Milliarden-Beträgen lesen wir im Zusammenhang mit Corona-Hilfspaketen immer häufiger von Billionen – doch unklar ist, welche langfristigen Auswirkungen diese Geldmengen haben werden. Pushen sie jüngst gestiegene Inflationsraten weiter? Wenn nicht: Welche anderen Faktoren sorgen für den aktuellen Preisauftrieb? Und wie schützen sich Anleger*innen vor einem Kaufkraftverlust? Vor der Suche nach Antworten lohnt zunächst eine Begriffsklärung.
2,5 %betrug die Inflationsrate in Deutschland im Mai 2021. Das war der höchste Stand seit 2011.
Was ist Inflation überhaupt?
Inflation kommt vom lateinischen „inflatio“ für „aufblähen“, beschreibt aber den eher gegenteiligen Effekt, nämlich dass eine fixe Menge Geld mit der Zeit weniger wert ist: Wenn Preise steigen, hat ein einzelner Euro weniger Kaufkraft.
Inflation setzt in der Regel dann ein, wenn die vorhandene Menge eines Gutes gleich bleibt, es aber mehr Geld im Markt gibt.
Inflation setzt in der Regel dann ein, wenn die vorhandene Menge eines Gutes gleich bleibt, es aber mehr Geld im Markt gibt (beispielsweise durch finanzielle Hilfspakete der Politik) und die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes steigt – die Menschen also ihr Geld nicht sparen sondern ausgeben, weil beispielsweise nach der Corona-Pandemie wieder mehr konsumiert wird.
Aktuell tragen in Deutschland auch die an die Verbraucher*innen weitergegebenen Preissteigerungen durch CO2-Abgaben zur Inflation bei. Energieprodukte wie Benzin und Heizöl haben sich sprunghaft verteuert, weil auch die Nachfrage auf dem Weltmarkt bei wieder anziehender Konjunktur gestiegen ist.
Preistreibend ist zudem ein Mehrwertsteuereffekt.
Die Ziele der Europäischen Zentralbank
Die Europäische Zentralbank (EZB) und die nationalen Zentralbanken des Euroraums bilden das Zentralbanksystem des Euro-Währungsgebiets und haben zum Ziel, dass die Preise stabil bleiben. Dafür soll die jährliche Inflationsrate bei knapp unter zwei Prozent liegen. Die Theorie dazu: Bei geringerer Inflation oder sogar Deflation würden Verbraucher*innen ihre Käufe in der Hoffnung auf eine noch höhere Kaufkraft verschieben, bei höherer oder gar Hyperinflation käme es zu großer politischer und wirtschaftlicher Instabilität – ein bisschen Inflation sei also am besten.
Aktuell sorgen sich viele Menschen um weiter steigende und womöglich zu hohe Inflationsraten, vergleichbar mit der US-Inflationswelle in den 1970er-Jahren, die ebenfalls durch steigende Energie- und Ölpreise ausgelöst wurde. Ein Gegenargument ist, dass sich ähnliche Sorgen nach der Finanzkrise vor rund einem Jahrzehnt trotz großer Hilfspakete als ungerechtfertigt herausstellten.
Das geht auf der Webseite des Statistischen Bundesamts. Dort kannst du mithilfe des Inflationsrechners deine persönliche Inflationsrate kalkulieren. Diese wird dann mit der amtlichen Teuerungsrate verglichen.
Geldanlage in Zeiten steigender Inflationsraten
Aktien und andere Wertpapiere können im Vergleich zu Festgeld und Sparbüchern eine attraktivere Möglichkeit sein, die eigene Geldanlage gegen Inflationsrisiken abzusichern – vor allem bei günstigen Bewertungen der einzelnen Titel und abhängig vom Börsenniveau insgesamt. Welche Strategien helfen dabei?
Inflationsstrategie 1: Starke Marken
Der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die Inflationsgefahr in den vergangenen Jahren eher gering war: Zuletzt lag die Inflationsrate in der Eurozone im Gesamtjahr 2012 über dem kritischen Wert von zwei Prozent. Diesen übertreffen die allermeisten Aktien mit ihrer Rendite. Trotz Unsicherheiten im Markt nutzen viele bei ihrer Geldanlage mehrere Indizien:
Viele Analyst*innen erwarten eine höhere Inflationssicherheit bei besonders starken Marken, bei Unternehmen mit Produkten des alltäglichen und vergleichsweise konstanten Bedarfs und bei solchen mit stabiler Nachfrage, beispielsweise bei Pharmaunternehmen, die Insulin herstellen.
Stabiler gegen Inflation aufgestellt sind zudem Unternehmen, die eher am Beginn von Wertschöpfungsketten stehen und Preissteigerungen von Rohstoffen leichter weitergeben können. Hierzu zählen zum Beispiel Unternehmen des produzierenden Gewerbes.
Auch dividendenstarke Titel gelten oft als weniger inflationsanfällig. Mehr Informationen zur Dividendenstrategie gibt es in einem weiteren Finanzwissen-Artikel.
Inflationsstrategie 2: Gold und Rohstoffe
Gold werden Eigenschaften wie Werterhalt, Inflationsschutz und Sicherheit bei Währungskrisen zugesprochen, deshalb sind derzeit die Preise hoch. Allerdings greifen diese Eigenschaften eher bei einer derzeit nicht abzusehenden Hyperinflation. Sollte Gold aus akutem Geldbedarf verkauft werden müssen, ist ein Verkaufsgewinn nicht garantiert – schließlich schwanken auch die Preise für Edelmetalle.
Auch Rohstoffe können der Diversifizierung des Portfolios dienen, beispielsweise weil hier die Nachfrage bei anziehender Konjunktur nach der Corona-Krise weiter steigen könnte.
Langfristige Anlage kann Inflationssorgen dämpfen
Inflationsrisiken sind und bleiben vorerst ein Thema. Dafür spricht die derzeitige Gemengelage aus steigenden Energiepreisen, mehr Konsum infolge gelockerter Corona-Maßnahmen – vor allem in Gastronomie, Tourismus und bei Dienstleistern (z. B. Fitness, Kosmetik) – sowie aus den Entscheidungen der Fiskal- und Geldpolitik. Daher lohnt es, für die Geldanlage eine langfristige Perspektive einzunehmen: Bei einem mehrjährigen Anlagehorizont steigt die Chance, mögliche Verluste ausgleichen zu können. Hierzu passt ein eher defensives Portfolio mit Titeln, die zwar weniger Rendite versprechen, aber auch weniger schwankungsanfällig sind.