Die Corona-Krise hat auch in der Geldanlage viele Sicherheiten in Frage gestellt: Wird das stetige Wachstum westlicher Industrienationen weitergehen? Werden durch milliardenschwere Rettungspakete staatliche Anleihen zu riskanteren Anlagen? Welche coronabedingten Gesellschaftstrends schaffen neue Investitionschancen am Aktienmarkt? Solche Fragen drängen sich zur laufenden Hauptversammlungssaison auf.
Aber Aktionär*innen können in dieser Zeit auch ein Vorgehen für sich entdecken: Titel mit stetigen Dividendenzahlungen in der Vergangenheit. Sie bieten die Chance, in stürmischen Zeiten Kursrisiken durch Gewinnausschüttungen abzufedern und den Rendite-Erfolg langfristig zu sichern. Allerdings sind Dividendenstrategien nicht unumstritten: Denn Dividenden sind keine festgelegten Zinsen, und Unternehmen können Ausschüttungen überraschend aussetzen.
Jährlich weltweit gezahlte Dividenden in Milliarden US-Dollar
Quelle: Janus Henderson Global Dividend Index, Februar 2021
Warum Dividenden 2020 besonders im Fokus standen
Es hat mehrere Gründe, warum im Moment so viel über Dividenden gesprochen wird. Vielleicht der wichtigste: Sie sind gesunken, aber laut Studien weniger stark, als im Corona-Jahr 2020 zunächst befürchtet wurde. Das Minus bei den Ausschüttungen betrug zwar bei den nach Marktkapitalisierung weltweit größten 1.200 Unternehmen rund 12,2 Prozent. Allerdings wurde der Rückgang im vierten Quartal bereits deutlich abgebremst, wie der Janus Henderson Global Dividend Index ausweist. Danach hat jedes achte Unternehmen Dividenden gestrichen, jedes fünfte hat sie gekürzt – aber zwei von dreien haben sie stabil gehalten oder gesteigert.
Auch staatliche Eingriffe haben die Dividendenpolitik verändert. Es gab in Deutschland gesetzliche Vorgaben, wonach Unternehmen für 2020 keine Dividenden ausschütten dürfen, wenn sie – wie beispielsweise die Lufthansa – direkte Corona-Hilfen aus dem Stabilisierungsfonds bekamen. Adidas hat einen Kredit der staatlichen KfW mit Geldern von Banken am freien Markt ersetzt und nun wieder eine Dividende für 2021 angekündigt. Auch international gibt es ähnliche Vorschriften: Schweden verweigerte Kurzarbeitergeld, wenn Dividenden gezahlt wurden, und die EZB verhängte einen Dividendenstop für Banken, hat ihn aber für 2021 wieder aufgehoben.
Nichtsdestotrotz sind dividendenorientierte Strategien interessant. Viele Märkte sind und bleiben vorerst von niedrigen Zinsen geprägt. Kurzfristige Geldanlagen, allen voran Tagesgeld, bieten derzeit nur sehr niedrige Renditen – wenn überhaupt. Und die internationalen Notenbanken senden keine Signale, ihre Leitzinsen maßgeblich ändern zu wollen. Deshalb werden Aktien als eine wichtige Anlageform angesehen, mit der Chance sowohl auf jährliche Dividenden als auch auf einen Kursgewinn beim Verkauf.
Dividenden sind Ausschüttungen der Unternehmen an die Anteilseigner*innen. Die Aktionär*innen werden somit am Erfolg des Unternehmens beteiligt. Das deutsche Aktiengesetz regelt, wie mit dem Jahresüberschuss eines Unternehmens umzugehen ist – wie viel vom Gewinn im Unternehmen etwa für neue Investitionen bleiben kann und wie viel an die Aktionär*innen geht. Bei den Hauptversammlungen stimmen die Anteilseigner*innen darüber ab, ob sie die vom Vorstand vorgeschlagene Dividende bzw. die Verteilung des Jahresüberschusses akzeptieren.
An der Dividendenrendite lässt sich ablesen, welchen “Zins” die Aktie aktuell abwirft. Sie wird errechnet, indem die Dividende je Aktie durch den Aktienkurs geteilt und das Ergebnis mit 100 multipliziert wird. Ein Rechenbeispiel: 3 Euro Dividende bei einem Kurs von 100 Euro entsprechen 3 Prozent Dividendenrendite. Zu berücksichtigen ist, dass eine hohe Inflationsrate die Dividendenrendite schmälert.
Der Dividendenabschlag reduziert den Aktienkurs um die Höhe der Dividende. Sie wird in der Regel am Tag nach der Hauptversammlung gezahlt und die Papiere folglich “ex Dividende” gehandelt. Denn schließlich ist das Unternehmen um die ausgeschüttete Gesamtsumme weniger wert. Dieser Kursverlust kann durch eine steigende Nachfrage nach den betreffenden Aktien wieder ausgeglichen und übertroffen werden.
So lassen sich dividendenstarke Titel bewerten
Wer eine Dividendenstrategie in der Geldanlage verfolgen und ausbauen möchte, sollte berücksichtigen, dass Dividenden nur ein Teil der Gesamtperformance eines Unternehmens sind. Auch wenn es richtig ist, dass hohe Ausschüttungen meist auf einer erfolgreichen Geschäftstätigkeit beruhen, sollte auch der Aktienkurs und seine Entwicklung mit in den Blick genommen werden. Schließlich legen nicht alle Unternehmen Wert auf hohe Dividenden, sondern befeuern steigende Kurse, indem sie neue Produkte entwickeln und direkt in weiteres Wachstum investieren. Der US-Technologiekonzern Apple beispielsweise hat lange gar keine Dividende gezahlt, aber dank seines unternehmerischen Erfolgs das Vertrauen der Investor*innen gewonnen.
Nicht nur die Dividendenpolitik eines Unternehmens ist ein Kriterium bei der Aktienauswahl. Wichtig ist zudem, die Zusatzkosten zu berücksichtigen wie beispielsweise Ausgabeaufschläge bei Aktienfonds oder die Steuerlast bei Dividendenausschüttungen.
Für die unmittelbare Zukunft könnte die Corona-Krise Anhaltspunkte liefern: Dividenden sind in solchen Branchen und Weltregionen hoch, die bisher wirtschaftlich gut durch die Krise kamen, in China stiegen Dividenden sogar. In Spanien und Frankreich sanken sie eher. Bei vielen in Deutschland notierten Titeln gab es schon vor der Pandemie einen Trend zu niedrigeren Dividendenzahlungen. Außerdem blieben eher defensive Branchen wie Pharma und Lebensmittel auch bei Dividenden stabil. Getroffen wurden eher Konsumgüter, Freizeitunternehmen und Automobiltitel. Diversifikation schließlich ist möglich durch dividendenorientierte Fonds oder ETFs.
Dividendenstrategie ist eine Abwägung für die Zukunft
Gerade in turbulenten Zeiten ist die Sehnsucht nach sicheren und mittlerweile nachhaltigen Geldanlagen groß. Bezogen auf letztgenannten Aspekt verweisen Kritiker darauf, dass Dividenden eine kurzfristige Gewinnorientierung widerspiegeln und mit einer nachhaltigen Wachstumsökonomie schwerer vereinbar seien. Es bleibt abzuwarten, ob deswegen zukünftig weniger Gewinne ausgeschüttet werden. Vorerst bleibt bei einer Dividendenstrategie folgende Unsicherheit: Anders als bei einem vertraglich vereinbarten Zinssatz in anderen Anlageformen, sind die Unternehmenszahlungen von Jahr zu Jahr freiwillig – selbst wenn viele „Dividenden-Könige“ mit jahrzehntelangen Strecken steigender Ausschüttungen bestrebt sind, diese Serien fortzusetzen.