Die Europäische Kommission will den Finanzsektor zu einem starken Hebel für den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft machen. Welche Änderungen damit für die Energiebranche einhergehen, hat Dustin Heinrich, ehemaliger Leiter Geschäftskunden für Energie und Versorgung bei der Deutschen Kreditbank (DKB), im Gespräch mit dem energiewirtschaftlichen Fachmagazin energate erklärt.
Herr Heinrich, aus der Perspektive einer Bank gesprochen, kann es sich für Stadtwerke lohnen, Nachhaltigkeit stärker bei der Finanzierung von Investitionen zu berücksichtigen?
Dustin Heinrich: Nachhaltigkeit lohnt sich für Stadtwerke auf jeden Fall. Dafür sprechen aus meiner Sicht diverse Gründe. Die drei wichtigsten sind: Erstens führt an Nachhaltigkeit kein Weg vorbei. Im Kampf gegen den Klimawandel muss der CO2-Ausstoß maßgeblich reduziert werden. Zweitens: eine nachhaltige Unternehmensausrichtung kann Risiken verringern. Im Bereich der transitorischen Risiken können in Zukunft durch die CO2-Bepreisung bestimmte, nicht-nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten schlicht unrentabel werden. Physische Risiken, beispielsweise in der Standortwahl, nehmen durch den Klimawandel weiter zu. Und drittens ist eine nachhaltige Unternehmensausrichtung heute entscheidend im Wettbewerb um Kund*innen und Mitarbeiter*innen. Dabei geht es neben der ökologischen auch um soziale und ökonomische Nachhaltigkeit.
Im Jahr 2023 tritt die europäische Taxonomie-Verordnung für den Energiesektor in Kraft. Auf welche Änderungen müssen sich Energieversorger gefasst machen?
Dustin Heinrich: Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden forcieren aktuell stark eine nachhaltige Transformation der Wirtschaft durch neue Regulatorik. Die Taxonomie-Verordnung soll vor allem die Vergleichbarkeit von Wirtschaftsaktivitäten stärken sowie Planungs- und Investitionssicherheit für Investor*innen und Unternehmen herstellen. Konkret wird es in Zukunft im Kreditvergabeprozess bestimmte Datenanforderungen geben, um z.B. den CO2-Ausstoß einer neuen Anlage zu belegen. Damit lässt sich dann genauer bestimmen wie nachhaltig ein Projekt ist. Unsere Kund*innen werden wir bei neuen Anforderungen eng begleiten. Die EU-Taxonomie befindet sich aktuell noch in der Ausarbeitung. Es sind also noch nicht alle Auswirkungen auf die Kreditvergabe abschätzbar. Wovon wir jedoch ausgehen können: Zukünftig wird Bonität nicht mehr nur der primäre Faktor bei der Kreditvergabe sein.
Inwiefern profitieren Sie als Bank davon, wenn ein Energieversorger mit Ihren Krediten in nachhaltige Projekte investiert?
Dustin Heinrich: Bis 2030 wollen wir 80 Mrd. Euro an nachhaltigen Krediten vergeben und damit noch mehr nachhaltigen Projekten zur Realisierung verhelfen. Aktuell zahlen 77 Prozent unserer Kredite (58,8 Mrd. Euro) auf die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDGs) ein - damit sind wir die nachhaltigste Bank unter den Top20-Banken in Deutschland. Wir profitieren also von jeder Finanzierung, die wir für ein nachhaltiges Projekt vergeben. Genauso profitieren auch unsere Privatkund*innen: Sie können sich sicher sein, dass ihr Geld, wenn sie es bei der DKB anlegen, von uns in nachhaltige Projekte investiert wird und so quasi ganz nebenbei etwas Gutes bewirkt. Und letztendlich profitieren wir alle, wenn die Energiewende vorangetrieben und der CO2-Ausstoß verringert wird.
Wie vermeidet die DKB, dass Greenwashing-Projekte unterstützt werden?
Dustin Heinrich: Unsere Kundengruppen sind ganz klar auf nachhaltige Zukunftsbranchen fokussiert. Dazu gehören neben den erneuerbaren Energien auch die Branchen Wohnen, Bildung und Gesundheit, Landwirtschaft sowie Kommunen und kommunale Unternehmen. Jedes Projekt wird von uns genau geprüft. Für die Energiewende ist die DKB die größte Finanzierin in Deutschland, jedes zweite Stadtwerk gehört zu unseren Kund*innen. Bei der Entwicklung hin zu einer immer nachhaltigeren Wirtschaft haben Kreditinstituten eine entscheidende Rolle: Mit ihrer Kreditvergabe können sie nachhaltige Projekte und Wirtschaftszweige unterstützen sowie Transformationen fördern. Die Kreditvergabe ist ein großer Hebel, um Investitionen zu steuern.
Quelle: Interview mit Dustin Heinrich, ehemaliger Leiter Geschäftskunden für Energie und Versorgung, erschienen: „energate messenger+“, Ausgabe vom 02.11.2021
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