Nur weil alle Einwohner*innen von Wahlsdorf in Brandenburg an einem Strang ziehen, ist hier ein ortseigenes Nahwärmenetz entstanden – und zwar ohne Investor.
Ein Blick in die Biographien der fünf Vorstandsmitglieder sagt weder etwas über erneuerbare Energien noch über Erfahrungen in einer Genossenschaft. Für alle war diese Gründung und die Energiegewinnung aus Biomasse absolutes Neuland. Aber sie sind Wahlsdorfer, also Mitglieder einer funktionierenden Dorfgemeinschaft. Das reichte für den Anfang.
Martina Hannig arbeitet in einem Steuerbüro. Klar, dass sie die Finanzministerin im Vorstand ist. Manfred Kranz ist gelernter Landwirt und hat so früher mal was mit Biomasse zu tun gehabt. Dass man damit heizen kann, war da noch nicht Bestandteil des Berufsbildes. Heute führt er eine Tischlerei. Frank Pätzig ist Amtsdirektor in Dahme, wozu Wahlsdorf gehört. Thomas März leitet eine Werbeagentur, ist Ortsvorsteher und der stellvertretende Vorsitzende in der Genossenschaft. Rainer Silex arbeitet bei einem Autokonzern und hat nicht nur wegen seiner zwei Meter Körpergröße den Überblick. Als Vorstandsvorsitzender ist er die treibende Kraft in der Wärmegenossenschaft Wahlsdorf.
Alles begann 2012 mit dem Taschenrechner von Frank Pätzig. Das Gutshaus – einst prächtige Schule im Dorf – war seit der Schließung 1992 ein Sorgenkind im Amt Dahme. Die hohen Betriebskosten belasteten die Bilanz des Gebäudes, das heute Seminarhaus mit Hotelbetrieb ist. Zumindest für die Wärmeenergie hatte Frank Pätzig eine Idee. Die Agrargesellschaft im Dorf hatte Wärme genug, Abwärme der Biogasanlage. Überrascht von den fast zwei Millionen Kilowattstunden, zückte der Amtsdirektor den Taschenrechner. Schnell erkannte er, dass die Abwärme für das ganze Dorf reichen würde. Was fehlte, war ein Nahwärmenetz, um die Energie in die Häuser zu leiten.
Was dann geschah, ist typisch für die uneigennützigen Wahlsdorfer. Im Februar 2012 gründeten sie eine Genossenschaft, die schon nach kurzer Zeit fast 80 Mitglieder zählte. Sie waren so euphorisch, dass sie schon in der folgenden Heizperiode mit Abwärme aus der Biogasanlage heizen wollten. Doch das Klingelputzen bei den Banken und der Spießrutenlauf durch den Fördermittel-Dschungel bremsten jede Vorfreude. Es sah plötzlich gar nicht mehr so gut aus für die Biowärme in Wahlsdorf. Mittendrin stellte der Bund auch noch die Förderbedingungen für Nahwärmenetze um. Egal. Weitermachen.
Der Landwirt mit der Biogasanlage brachte dann seinen Kreditgeber – die DKB – ins Spiel. Und schließlich haben sie’s doch noch geschafft. Im Herbst 2014 konnten die Bauarbeiten endlich beginnen. Neun Kilometer Rohrleitungen schlängeln sich jetzt durch den Ort. 76 Haushalte sind angeschlossen – dazu der Dorfladen, das Museum, der Jugendclub, die Heimatstube, das Gutshaus, das Freibad und der Kultur-Stall. Und als am Ende alles früher fertig war als geplant, konnte Martina Hannig – die Finanzministerin in der Genossenschaft – sogar noch verkünden, dass alles kostengünstiger war als geplant. Ende gut, alles gut.
„Danke sagen möchten wir uns gegenseitig – für die viele Arbeit und für die ständige Unterstützung aus der Dorfgemeinschaft. Wir haben alle daran geglaubt, dass wir irgendwann umweltfreundlich heizen können. Besonderer Dank gilt der Agrargesellschaft „Niederer Fläming“, die uns die Abwärme zur Verfügung stellt. Und natürlich Thorsten Schwamm von der DKB. Der hat nicht nur unsere Finanzierung durchgeboxt, sondern unser Projekt mit viel Fachwissen und Verständnis begleitet. Ganz herzlichen Dank dafür.“
Rainer Silex, Vorstandsvorsitzender der Wärmegenossenschaft Wahlsdorf
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