Der ETF, die Tech-Aktie oder das Dividendenpapier sind ausgewählt, die ISIN mehrmals genau geprüft, das Referenzkonto ist aufgeladen. Jetzt fehlt nur noch der Klick auf den Orderknopf, um die gewünschte Anlage in dein Depot zu legen. Oder? Nicht ganz, denn eine Entscheidung steht noch aus: An welchem Handelsplatz soll die Order ausgeführt werden?
Börsenplätze in ganz Deutschland
In Deutschland haben Anlageinteressierte traditionell die Wahl zwischen einer ganzen Reihe von Börsen. Die bekannteste befindet sich in Frankfurt. Über die dort ansässige Deutsche Börse AG wird der Löwenanteil des hiesigen Wertpapierhandels abgewickelt. Auf die längste Tradition blickt die 1558 gegründete Hamburger Börse zurück, die sich heute mit den Regionalbörsen in Hannover und Düsseldorf zur Börsen AG zusammengeschlossen hat. Daneben verfügen Berlin, Stuttgart und München über eigenständige Handelsplätze mit langer Geschichte.
Oft haben sich die Regionalbörsen spezialisiert. Hamburg und Hannover setzen einen Schwerpunkt auf Fonds, in Berlin notieren besonders viele Auslandsaktien, Stuttgart legt einen Fokus auf private Anleger*innen und den Handel mit Derivaten.
Handelsplätze: Über das Parkett hinaus
Das traditionelle Börsenparkett, auf dem Händler direkt ihre Orders aufgeben, gibt es größtenteils nicht mehr. Heute wird der Handel vor allem über elektronische Handelssysteme und online abgewickelt.
90 %des Handels an deutschen Börsen werden über das Xetra-Handelssystem der Deutsche Börse AG abgewickelt.
Xetra ist für den Handel längst nicht die einzige elektronische Option. Tradegate Exchange in Berlin ist spezialisiert auf die Ausführung von Orders von Privatanleger*innen. Daneben gibt es noch Quotrix in Düsseldorf und Gettex in München. Wer Interesse hat an Zertifikaten und Derivaten, sollte auch auf Eurex und Euwax schauen. Beide sind auf derivative Finanzinstrumente spezialisiert.
Handelszeiten: Blick auf die Uhr
Ein wichtiger Unterschied zwischen den einzelnen Börsen sind die Handelszeiten. In Frankfurt, Hamburg, Hannover und Stuttgart werden Orders zwischen 08:00 Uhr und 22:00 Uhr ausgeführt, in Berlin und Düsseldorf nur bis 20:00 Uhr. Auch München bleibt bis 22:00 Uhr geöffnet, der Anleihehandel schließt hier aber bereits zwei Stunden früher.
Die elektronischen Börsen bieten ebenfalls abweichende Zeiten. Auf Xetra wird an Börsentagen zwischen 09:00 Uhr und 17:30 Uhr gehandelt, Gettex und Tradegate bieten von 08:00 Uhr bis 22:00 Uhr ihre Dienste an. Daher kann es für dich von Bedeutung sein, welches Handelssystem du nutzen möchtest.
Die Volumina, die an den einzelnen deutschen Börsenplätzen umgesetzt werden, unterscheiden sich stark. Deutlich macht das ein Vergleich der Umsätze mit der BASF-Aktie an einem beispielhaften Handelstag Anfang September 2022. Über Xetra wurden bis zum späten Nachmittag 2,72 Million Stück umgesetzt. Bei Tradegate waren es 222.600, an der Stuttgarter Börse noch 50.500 Stück. Im nächstplatzierten München gingen dagegen an dem Tag nur 1.500 BASF-Papiere über den Tisch.
Das unterschiedliche Handelsvolumen und damit Abweichungen bei Angebot und Nachfrage führen selbst bei einem viel gehandelten Wertpapier wie der BASF-Aktie zu Preisunterschieden. An dem besagten Nachmittag reichte die Spanne an den verschiedenen deutschen Handelsplätzen von 42,10 Euro bis 43 Euro.
Transaktionen außerhalb Deutschlands
Wer die internationalen Märkte im Blick hat, kann auch außerhalb der deutschen Handelszeiten kaufen und verkaufen. Frühaufsteher*innen verfolgen die asiatischen Börsen, am späten Abend bietet Nordamerika Optionen.
Was die Bewertungen betrifft, kann das in den Randzeiten am frühen Morgen und am Abend oft günstiger sein als der Handel über Tradegate, denn dann ist dort nicht unbedingt viel los. Das beeinflusst die Preisfindung.
Land | Handelsvolumen in Mrd. $ |
---|---|
New York Stock Exchange (NYSE) | 29.096 |
NASDAQ | 27.826 |
Shenzhen Stock Exchange | 22.043 |
CBOE Global Markets | 21.009 |
Shanghai Stock Exchange | 17.442 |
Japan Exchange Group | 6.568 |
Korea Exchange | 5.794 |
Hong Kong Exchanges and Clearing | 4.153 |
Taiwan Stock Exchange | 3.256 |
Euronext | 2.862 |
Ein Auftrag, unterschiedliche Kosten
Die Liquidität an den verschiedenen Handelsplätzen und zu unterschiedlichen Tageszeiten ist ein wichtiger Aspekt, der Einfluss auf den Preis eines Wertpapiers hat. Kauf- und Verkaufspreis werden mit einer Handelsspanne, dem sogenannten Spread, gestellt. Der aktuelle Kaufpreis ist immer etwas höher als der aktuelle Verkaufspreis. Die Differenz muss als zusätzlicher Kostenfaktor einkalkuliert werden. Die Preise werden fortlaufend gestellt, sodass du während der Öffnungszeiten der Börse in der Regel jederzeit handeln kannst.
Insbesondere beim Parketthandel solltest du aber dennoch darauf achten, wann der letzte Kurs gestellt wurde. Sonst kaufst oder verkaufst du gegebenenfalls nicht zum erwarteten Kurs oder deine Limit-Order wird nicht ausgeführt, da der aktuelle Kurs sich zwischenzeitlich stark verändert hat.
Transaktionskostensetzen sich zusammen aus Orderentgelten deiner Bank bzw. deines Brokers und Handelsgebühren der ausführenden Börse.
Hinzu kommen unterschiedliche Transaktionskosten. Sie setzen sich zusammen aus Orderentgelten, die deine depotführende Bank beziehungsweise dein Broker erhebt, und Handelsgebühren, die Börsen für die Ausführung der Transaktion berechnen. Jeder Börsenplatz hat seine eigenen Preislisten, die online öffentlich einsehbar sind. Deine depotführende Bank oder dein Broker reichen diese Handelsgebühren als so genannte Fremdkosten an dich weiter.
Die Handelsgebühren der Börse Frankfurt bestehen beispielsweise aus einem Transaktionsentgelt von 0,0096 Prozent, mindestens 0,60 Euro, maximal 72,00 Euro. Hinzu kommt ein Handelsentgelt von 0,0504 Prozent, mindestens 2,52 Euro. Bei einem Kaufauftrag von 1.000 Euro kommen so Gebühren von 3,12 Euro zusammen. Dagegen wird in Stuttgart das Transaktionsentgelt abhängig vom Auftragsvolumen berechnet. Bis 12.100 Euro liegt es bei 0,1 Prozent und sinkt bei größeren Volumina auf 0,01 Prozent. Für den gleichen Auftrag von 1.000 Euro wird hier 1 Euro Gebühr fällig.
Xetra berechnet 0,0048 Prozent Transaktionsentgelt mit Mindest- und Höchstwerten von 0,60 Euro beziehungsweise 24 Euro. Die Beispielorder kostet hier 0,60 Euro Gebühr. Bei Tradegate und Gettex fallen keine Handelsgebühren an.
Das Orderentgelt deiner Bank oder deines Brokers wird üblicherweise in Promille des Kurswertes erhoben. Für kleinere Aufträge gilt meist eine Mindestgebühr.
Beim Handel über Gettex, Quotrix und Tradegate Exchange fallen bei der DKB keine Fremdkosten der Börsen an.
Bei der DKB würden für den Kauf des ETF Xtrackers MSCI Europe ESG (ISIN: IE00BFMNHK08) bei einem Kaufvolumen von 2.500 Euro aktuell an verschiedenen Handelsplätzen beispielsweise die folgenden Kosten anfallen (Stand: September 2022):
Ausführung | Frankfurt | Xetra | Tradegate | Baader |
---|---|---|---|---|
Orderentgelt | 10 € | 10 € | 10 € | 3,49 € |
Fremdkosten | 3,27 € | 0,75 € | 0 € | 0 € |
Ausführungsplatz | Frankfurt | Xetra | Tradegate | Baader Bank |
---|---|---|---|---|
Orderentgelt | 10 € | 10 € | 10 € | 3,49 € |
Fremdkosten | 3,27 € | 0,75 € | 0 € | 0 € |
Ganz wichtig: Diese Gebühren können sich jederzeit ändern. Das oben gezeigte Angebot der Baader Bank ist beispielsweise eine zeitlich befristete Aktion. Anleger*innen sollten sich daher vor jedem Kauf und Verkauf über die aktuellen Kosten und Aktionen informieren, auch in der Übersicht der Leistungen und Gebühren der DKB.
Tipp: Handeln mit Orderzusätzen
Deine Orders kannst du auch absichern, indem du sogenannte Orderzusätze verwendest. Ohne Zusatz oder mit der Angabe billigst/bestens werden Kauf oder Verkauf zum nächstmöglichen Kurs ausgeführt. Du hast aber auch die Möglichkeit ein Limit, also eine Preisgrenze, zu setzen. Wird diese bei einem geplanten Kauf überschritten, ist der Auftrag storniert.
Stop-Loss-Orders sind eine mögliche Absicherungsstrategie für den Fall eines Kurseinbruchs. Wird ein festgelegter Wert unterschritten, wird die Aktie im Depot verkauft, um Verluste zu begrenzen. Umgekehrt ist das als Start-Buy-Order auch für einen Kauf möglich. Erreicht der Kurs ein gewisses Niveau nach oben, wird gekauft, in der Erwartung weiter steigender Kurse.
Handel außerhalb der Börsen
Längst nicht alle Transaktionen mit Finanzinstrumenten werden über Börsenplätze abgewickelt. Beim außerbörslichen Handel, der auch als OTC-Handel („Over The Counter“) bekannt ist, treten Finanzmarktteilnehmer*innen direkt miteinander in Kontakt. OTC ist sowohl für Wertpapiere als auch für verbriefte Finanzinstrumente verfügbar. In Deutschland ist der außerbörsliche Markt dem Umsatz nach ähnlich groß wie jener, der über die klassischen Handelsplätze abgewickelt wird, in den USA sogar deutlich größer.
Beim OTC-Handel fragt ein*e Käufer*in direkt beim Market Maker an, bei dem es sich meist um einen Broker oder eine Bank handelt. Anders als im Börsenhandel bestimmen hier nicht Angebot und Nachfrage den Preis, vielmehr setzt ihn der Market Maker. Sind beide Parteien damit einverstanden, wird der Kauf besiegelt. Der Market Maker stellt auch die erforderliche Liquidität bereit, macht den Handel damit – wie sein Name sagt – also erst möglich. Mit dieser Option lassen sich Börsenentgelte sparen.
Zwar finden diese Transaktionen außerhalb der Verantwortung einer Börse statt. Nichtsdestotrotz unterliegen sie den gesetzlichen Regeln für den Wertpapierhandel. In erster Linie spielen sie für institutionelle Anleger*innen und Finanzdienstleister*innen eine Rolle. Doch auch für Privatanleger*innen gibt es OTC-Optionen. Wer beispielsweise bei einer Derivate-Aktion der DKB „Handelspartner OTC“ als Handelsplatz wählt, profitiert von speziellen Aktionskonditionen.
Eine Besonderheit gilt für den Handel mit Fondsanteilen. Du kannst sie jederzeit auch außerbörslich direkt bei der Fondsgesellschaft kaufen oder zurückgeben. Anders als an der Börse werden dabei aber nicht kontinuierlich neue Preise gestellt, sondern nur einmal täglich ein Kauf- und ein Rücknahmepreis festgesetzt. Orderzusätze sind bei dieser Transaktion nicht möglich.