Wer sein Geld anlegt, möchte es in der Regel vermehren – zum Beispiel durch Zinsen oder Dividenden. Neben einer guten Rendite ist immer mehr Menschen auch ein gutes Gewissen wichtig: Sie setzen auf nachhaltige Anlageprodukte. So hat sich die Bekanntheit dieser Produkte bei Privatanleger*innen seit 2017 verdoppelt, die Nachfrage sogar fast verfünffacht, wie eine repräsentative DKB-Studie belegt. Das zeigt sich auch in den Anlagesummen: In Deutschland hielten Privatanleger*innen laut dem Forum Nachhaltige Geldanlagen e. V. (FNG) im Jahr 2021 insgesamt 131,2 Milliarden Euro in nachhaltigen Geldanlagen – ein Wachstum um 230 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Doch wie passen Nachhaltigkeit und private Geldanlagen überhaupt zusammen? Grundsätzlich berücksichtigen nachhaltige Investitionen neben den wirtschaftlichen Anlagezielen auch ökologische und soziale Wertvorstellungen – das Geld fließt also in Unternehmen oder Projekte, die sich zum Beispiel besonders um Klimaschutz bemühen oder menschenwürdige Arbeitsbedingungen bieten. Soweit zumindest die Theorie, denn in der Praxis lauern einige Tücken. Bislang fehlen einheitliche Definitionen, welche Kriterien ein Anlageprodukt erfüllen muss, um als nachhaltig klassifiziert zu werden. Aktuell sucht die Marktaufsicht weltweit deshalb nach goldenen Regeln, um nachhaltige Produkte kontrollieren zu können und um Anleger*innen eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen.
Quelle: DKB und NKI, 2022, n = 1.897
Gemeinsam mit dem Institut für nachhaltige Kapitalanlagen (NKI) hat die DKB eine der umfangreichsten Marktstudien zum Umgang von Privatanleger*innen mit nachhaltigen Finanzanlagen durchgeführt. Dabei wurden 1.897 Personen im Alter von 18 bis 74 Jahren befragt, die die deutschsprachige Bevölkerung repräsentieren. Befragt wurden Personen, die in ihren Haushalten über die Finanz- und Geldangelegenheiten entscheiden oder mitentscheiden.
Nachhaltigkeit: Worauf kommt es dir an?
Gerade weil Nachhaltigkeit ein so weit gefasster Begriff ist, solltest du dir vor deiner Investition gut überlegen, welche Ziele du unterstützen möchtest. Liegt es dir besonders am Herzen, dich gegen den Klimawandel einzusetzen? Steht für dich soziale Gerechtigkeit im Fokus? Möchtest du Unternehmen mit einem starken Wertekodex unterstützen? Die Antwort kannst du zusätzlich zu deinen Überlegungen hinsichtlich Rendite, Sicherheit oder Liquidität in deine Anlageentscheidung einbeziehen.
Eine Orientierung können dir dabei die sogenannten ESG-Kriterien bieten. Das englische Kürzel ESG steht für Environmental, Social and Governance, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung.
Im Bereich Environmental geht es beispielsweise darum, wie viel Müll ein Unternehmen produziert, wie es mit knappen Ressourcen umgeht und wie groß sein CO2-Fußabdruck ist.
Der Bereich Social nimmt unter anderem unter die Lupe, ob die Menschenrechte eingehalten werden, wie gut die Arbeitsbedingungen sind und ob angemessene Löhne gezahlt werden.
Im Bereich Governance steht zum Beispiel auf dem Prüfstand, wie transparent das Unternehmen arbeitet. Dabei geht es auch um Maßnahmen gegen Korruption.
Viele Firmen erläutern in Nachhaltigkeitsberichten ihre Aktivitäten in diesen drei Bereichen. Außerdem gibt es spezielle ESG-Ratings, in die keine finanziellen Kennzahlen, sondern eine Reihe von ESG-Kriterien einfließen. Die Messung der Kriterien übernehmen Ratingagenturen.
Gutes Gewissen und gute Rendite: kein Widerspruch
Musst du dich nun entscheiden, ob du dein Geld gewinnbringend anlegen oder lieber Gutes tun möchtest? Die Entwicklung in den vergangenen Jahren spricht dagegen: Eine Untersuchung der Ratingagentur Morningstar hat ergeben, dass nachhaltige Fonds über verschiedene Zeitabschnitte eine bessere Performance erzielen als konventionelle Fonds. Im Zeitraum von zehn Jahren haben sogar fast 59 Prozent der nachhaltigen Fonds in den betrachteten Kategorien ihr traditionelles Gegenstück übertroffen. Ein Grund hierfür könnte Fachleuten zufolge sein, dass Unternehmen, die ESG-Standards implementieren, besser geführt werden und somit geringere Risiken realisieren als die herkömmliche Konkurrenz. Auch die fortschreitende Regulierung, die den Markt für nachhaltige Anlageprodukte in geordnetere Bahnen lenken soll, ermutigt offenbar immer mehr Menschen zu nachhaltigen Investitionen – und lässt somit auf steigende Kurse hoffen.
Neue Vorschriften sollen Sichtbarkeit und Transparenz erhöhen
Hinsichtlich der Regulierung tut sich so einiges: Im August 2022 ist eine Erweiterung der 2018 erlassenen EU-Richtlinie zur Finanzmarktregulierung (MiFID II) in Kraft getreten. Die neuen Vorschriften sollen nachhaltige Finanzprodukte bekannter machen und die Nachfrage nach derlei Investitionsprodukten steigern. Eine Maßnahme dafür ist die sogenannte ESG-Präferenzabfrage. Sie verpflichtet Banken und Vermögensverwalter dazu, ihre Kund*innen in Beratungsgesprächen aktiv zu fragen, ob sie nachhaltige Faktoren bei ihrer Geldanlage berücksichtigen möchten. Im März 2021 trat bereits die Offenlegungsverordnung der EU in Kraft. Darin steht unter anderem, dass als nachhaltig deklarierte Fonds eine entsprechende Strategie verfolgen und diverse Transparenzpflichten erfüllen müssen – wenn auch ohne detaillierte Vorgaben. Im Juli 2021 hat die EU diese Verordnung mit einer neuen Sustainable-Finance-Strategie konkretisiert.
Nachhaltig investieren mit Siegeln und Ratings
Schon heute bieten dir jedoch verschiedene Siegel und Ratings eine gute Orientierung, um zu erkennen, wie nachhaltig ein konkretes Anlageprodukt tatsächlich ist:
FNG-Siegel
Das FNG-Siegel zeichnet nachhaltige Investmentfonds im deutschsprachigen Raum aus. Es wurde 2015 vom Fachverband Forum Nachhaltige Geldanlagen e. V. (FNG) entwickelt. Das FNG-Siegel wird durch einen unabhängigen Auditor vergeben. Um das Siegel zu erhalten, muss ein Fonds bestimmte Mindestanforderungen erfüllen, darunter Transparenzkriterien sowie die Berücksichtigung von Arbeits- und Menschenrechten, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung.
ECOreporter-Siegel
Das ECOreporter-Siegel wird von unabhängigen Finanzjournalist*innen nach äußerst strengen Kriterien vergeben. Entwickelt wurde das Siegel 2013 vom Brancheninformationsdienst ECOreporter gemeinsam mit dem Institut für nachhaltiges, ethisches Finanzwesen (INAF). Die Besonderheit des Siegels ist, dass ausschließlich Anbieter*innen ausgezeichnet werden, die ein nachhaltiges Kerngeschäft haben – trifft dies nur auf Teile des Geschäfts zu, gibt es kein Siegel.
Climetrics-Rating
Climetrics ist ein unabhängiges Rating, das Investmentfonds nach ihrem Beitrag zum Klimaschutz bewertet. Es wurde 2017 von der Nachhaltigkeitsagentur ISS ESG und der Non-Profit-Organisation Carbon Disclosure Project (CDP) am Markt eingeführt. Die Bewertung der einzelnen Fonds erfolgt anhand quantitativer Kriterien in den drei Kategorien Portfoliobestand, Anlagepolitik und Management von Klimafragen.
UN-Prinzipien für verantwortliches Investieren
Die sechs Prinzipien für verantwortliches Investieren der Vereinten Nationen (UN Principles for Responsible Investment, UN PRI) sind ein Leitfaden für die Umsetzung von nachhaltigen Anlagestrategien. Mit ihrer Unterschrift verpflichten sich Kapitaleigner, Vermögensverwalter und Finanzdienstleister, künftig ESG-Kriterien bei allen Aktivitäten zu beachten. Hierüber müssen sie dem PRI-Sekretariat jährlich berichten. Die Bewertung der Aktivitäten wird in einem Report veröffentlicht. Die BayernInvest, die die Nachhaltigkeitsfonds der DKB managt, hat bereits 2011 die UN PRI unterzeichnet.
Resümee: Wie du in Nachhaltigkeit investieren kannst
Nachhaltige Geldanlagen boomen – immer mehr Produkte schmücken sich mit diesem Etikett. Eine einheitliche Zertifizierung fehlt allerdings noch, deshalb arbeiten die Marktaufsichtsbehörden weltweit derzeit mit Hochdruck an einer einheitlichen Regelung. Schon jetzt kannst du an den sogenannten ESG-Kriterien erkennen, wie ernst es Anbieter*innen mit ihren Aktivitäten in den Bereichen Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung meinen. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Nachhaltigkeitssiegeln und -ratings, die dir dabei helfen, eine passende Geldanlage verlässlich zu erkennen.