Nach jüngsten Hochrechnungen der Vereinten Nationen wird die Weltbevölkerung von derzeit rund 7,7 Milliarden Menschen auf 9,7 Milliarden im Jahr 2050 wachsen. Damit steigt der Bedarf an Lebensmitteln. Gleichzeitig haben Klimawandel oder Kriege zur Folge, dass Ernten ausfallen und Nahrungsmittel knapper werden. In davon schwer betroffenen Weltregionen verschärft sich die Hungerkrise. In vielen Ländern steigen die Preise für Essen und Trinken steigen. Der Preis-Index der Vereinten Nationen für Lebensmittel (Food-Price-Index) ist auf einem Rekordniveau. Abseits dessen ändern sich in anderen Regionen die Ernährungsgewohnheiten der Menschen, was sich auf die Lebensmittelnachfrage auswirkt.
Jahr | Food-Price-Index |
---|---|
2022 | 143,7 |
2021 | 125,7 |
2020 | 98,1 |
2019 | 95,1 |
2018 | 95,9 |
2017 | 98,0 |
2016 | 91,9 |
2015 | 93,0 |
2014 | 115,0 |
2013 | 120,1 |
Jahr | Food-Price-Index |
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2022 | 143,7 |
2021 | 125,7 |
2020 | 98,1 |
2019 | 95,1 |
2018 | 95,9 |
2017 | 98,0 |
2016 | 91,9 |
2015 | 93,0 |
2014 | 115,0 |
2013 | 120,1 |
Neue Lösungen sind also gefragt, um die Weltbevölkerung versorgen zu können. Entsprechend entwickelt sich die Branche weiter. Dies macht sie als Geldanlage attraktiv, zumal die Aktien der Unternehmen meist weniger konjunkturabhängig schwanken als der breite Markt.
Doch wie kannst du investieren und profitieren, ohne in ein ethisches Dilemma wegen knapper werdender Ressourcen wie Grundnahrungsmittel, Anbauflächen und Wasser zu geraten? Wir zeigen dir hier, welche Entwicklungen es gibt, wie sich das Verbraucherverhalten ändert und welche Anlagemöglichkeiten daraus entstehen.
Neue Wege in der Lebensmittelproduktion
Laut einer Studie von PGIM, der Vermögensverwaltung der amerikanischen Lebensversicherungsgesellschaft Prudential Financial, sorgen der gesellschaftliche und wirtschaftliche Druck auf das globale Ernährungssystem für Innovationen. Es befindet sich demzufolge in der Anfangsphase eines grundlegenden Wandels. Um die Herausforderungen jedoch meistern zu können, muss der Sektor sowohl produktiver als auch nachhaltiger werden, heißt es in der Studie. Expert*innen verweisen auf verschiedene Wege, mit denen sich das erreichen lässt:
Zukunftssicherer Anbau: Damit der Ernteertrag steigt und gleichzeitig die Umweltbelastung sinkt, sind spezifische Saatgutsorten und Dünger gefragt. Fachleute empfehlen regenerative Anbaumethoden, die Treibhausgasemissionen reduzieren, gesündere Böden erzeugen und nährstoffreichere Obst- und Gemüsesorten (Regenerative Food) hervorbringen. Die Beratungsgesellschaft PwC nennt als weiteren Hebel das Vertical Farming: In dicht besiedelten Regionen müssten die Anbauflächen intelligent vergrößert werden. So lasse sich Nahrung nah bei den Verbrauchenden anbauen und lagern, was Transportwege verkürze. Außerdem wird weniger Land und Wasser verbraucht, wie die PwC-Strategieberatung ausführt. Das weltweite Marktvolumen dieses Agrarsegments soll bis 2030 rund 33 Milliarden Euro betragen.
Einsatz neuer Technologien: Eine digital gesteuerte Landwirtschaft verbessert die Ertragslage und den Ressourcenverbrauch. Nahrungsmittel werden mit Hilfe landwirtschaftlicher Präzisionstechnologien erzeugt, darunter GPS-basierte Software, KI-Datenverarbeitung und Robotik. Fortschrittliche Technik steuert Wassersysteme, um den Verbrauch zu reduzieren und die Wasserqualität zu verbessern.
33 Milliarden €beträgt laut Schätzungen der Unternehmensberatung PwC das weltweite Marktvolumen von Vertical Farming bis 2030.
Quelle: PwC
New Glocal: Die Corona-Pandemie hat den globalen Handel massiv erschwert, weil die weltweiten Lieferketten unterbrochen wurden. Infolgedessen hat sich der Trend New Glocal verfestigt, der die lokale Produktion mit globalen Importen auf gerechtere Weise verbinden soll. Das wichtigste Kriterium ist hierbei nicht der günstigste Preis, sondern die regionale Verfügbarkeit. Dies wird nach Angaben des Food Reports 2023 des Zukunftsinstituts schrittweise zu einem neu ausgerichteten Sortiment in Supermärkten und zu einem stärkeren internationalen Direktvertrieb führen.
Nachhaltige Verpackungen: Konsumenten fragen zunehmend Verpackungen aus wiederverwertbarem und biologisch abbaubarem Material nach, da Kunststoffe die Erde massiv belasten. 2021 setzte der Markt für solche Verpackungen 230 Milliarden US-Dollar (215 Milliarden Euro) um, bis 2030 sollen sich die Erlöse auf 409 Milliarden US-Dollar (380 Milliarden Euro) fast verdoppeln. Lieferservices zum Beispiel stellen ihre Menüboxen zunehmend von Kunststoff auf nachhaltigere Behältnisse um.
In den meisten Bereichen des Ernährungsmarktes dominieren wenige Konzerne. Größter Lebensmittelkonzern der Welt ist Nestlé mit Hauptsitz in der Schweiz und einem Gewinn von rund 9,5 Milliarden Euro im Jahr 2022. Ursprünglich ein Milchpulverhersteller gehören heute rund 2.000 Marken wie Nescafé, Nesquik, Maggi oder Smarties zum Konzern. Er kann durch seine Kapitalkraft expandieren, ist wegen seiner Marktmacht aber auch Kritik von Umwelt- und Naturschützer*innen ausgesetzt. Dass Wasserressourcen ausgebeutet werden oder in der Produktion Palmöl von Plantagen verwendet wird, für die Regenwald gerodet wurde, lauteten Vorwürfe in der Vergangenheit.
Eine Marktkonzentration ist auch in den Bereichen Saatgut, Agrochemikalien, Tierarzneimittel und landwirtschaftliche Ausrüstung zu beobachten, in dem je vier Konzerne mehr als 40 Prozent des Weltmarktes kontrollieren, wie Professor Philip Howard von der Michigan State University (USA) ermittelt hat. Chemiekonzerne haben über Jahrzehnte hinweg hunderte Saatgutunternehmen gekauft, wodurch letztlich die Saatgutpreise gestiegen sind. Denn durch Marktkonzentration lassen sich höhere Preise einfacher durchsetzen.
Unterschiedliche Entwicklungen bei der Ernährung
Neben den Trends in der Lebensmittelproduktion stellen Fachleute neue Ernährungsvorlieben der Menschen fest, wodurch sich die Branche weiter wandelt:
Ersatzprodukte: Die Vereinten Nationen erwarten in den Industrieländern bis 2030 weniger Fleischkonsum. In Deutschland geht er laut Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) bereits seit 2007 zurück und erreichte 2022 einen Tiefstand. Immer mehr Menschen entscheiden sich nach Angaben der Wirtschaftsberatungsgesellschaft KPMG aus Tier-, Umwelt- und Klimaschutzgründen dafür, herkömmliche Proteine aus Fleisch, Fisch oder Milchprodukten zu reduzieren. Die Lebensmittelindustrie reagiert darauf laut Food Report 2023 mit der Entwicklung immer raffinierterer Ersatzprodukte, um traditionelle Gerichte „veganisieren“ zu können. Ob Nudeln aus Erbsenprotein oder Soja-Steak: Fleischproduzenten sowie Supermarkt- und Restaurantketten folgen dem Trend zur Ernährung ohne tierische Produkte.
Clean Eating: Dieser Trend bezeichnet eine Ernährungsweise mit möglichst natürlichen und industriell unverarbeiteten Lebensmitteln – ohne Zusätze wie Geschmacksverstärker, künstliche Aromen oder Farbstoffe. Clean-Eating-Fans bevorzugen etwa Obst, Gemüse, Getreide und Zuckerfreies.
Anlagemöglichkeiten in der Ernährungsbranche
Welcher der vorgestellten Trends von Dauer ist, muss die Zukunft zeigen. Wie in allen dynamischen Märkten gibt es dabei auch Risiken, die gegebenenfalls noch gar nicht abzuschätzen sind. Das breite Angebot an Anlagemöglichkeiten erlaubt es dir jedoch mit mehr oder weniger Risiko in die Agrar- und Ernährungsbranche zu investieren – von der Kulturpflanzenforschung über biologischen Pflanzenschutz bis hin zu neuen Lebensmittelprodukten und nachhaltiger Logistik. Als Anlagemöglichkeiten eignen sich sowohl Aktien von Einzelunternehmen als auch Fonds mit nachhaltiger Ausrichtung.
Wandel in Ernährungsbranche braucht Kapital
Fachleute erwarten, dass sich die Agrar- und Ernährungsbranche wegen der wachsenden Weltbevölkerung und der damit verbundenen steigenden Nachfrage nach Nahrungsmitteln verändern wird. Für Innovationen auf dem Weg zu mehr Produktivität und Nachhaltigkeit in den Versorgungsketten wird viel Kapital benötigt. Das eröffnet dir die Chance, in diese Branchen zu investieren. Du entscheidest dabei, wie viel Risiko du tragen möchtest und welche nachhaltigen Kriterien dir wichtig sind – und wählst die dazu passende Anlagestrategie.